Daniel Kötter

RIFT FINFINNEE

2020 | Film
Rift
Zum Werk

Eine Reise durch die Peripherie der äthiopischen Hauptstadt Addis Ababa (in Oromo: Finfinnee): Entlang der Schlucht des Akaki-Flusses seziert Rift Finfinnee den mehr als nur symbolischen Riss zwischen Stadt und Land. Der Film nimmt die konkrete Geographie, Architektur sowie das Alltagsleben von Land- und Bauarbeiter*innen im Osten der Stadt zum Ausgangspunkt für eine Erzählung über das Stadtwerden einer afrikanischen Gesellschaft am Rande des Bürgerkriegs. Eine Erzählung von Menschen, die die stürmische Urbanisierung afrikanischer Gesellschaften ungefragt am eigenen Leib erfahren.

Director's Statement RIFT FINFINNEE:

Am Ende meines Films „state-theatre #5 BEIRUT“ (2014) fragt der Architekt und Künstler Maxime Hourani, warum sich Menschen so oft und ausschließlich mit den symbolisch aufgeladenen und ausdefinierten Orten in den Zentren unserer Städte beschäftigen. Die Zukunft unseres Zusammenlebens stehe doch viel eher an jenen Orten auf dem Spiel, wo Städte ihre Grenzen immer neu erfinden und definieren müssen, dort wo Städte wachsen und Land zu Stadt wird.

Rift Finfinnee, der dritte Teil einer Trilogie zu den Peripherien nach Hashti Tehran (2017) und Desert View Kairo (2018), widmet sich den östlichen Aussenbezirken der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba (oromo: Finfinnee). Hier wurde in den letzten Jahren stellvertretend für einen ganzen Kontinent Urbanisierung in einer Dimension auf den Weg gebracht, die auch Europas Verhältnis zu diesem Kontinent neu in Frage stellen wird. In der östlichen Peripherie stoßen auf engem Raum die geographischen, ökonomischen, politischen und - wie die erneuten blutigen Unruhen der letzten Monate leider zeigen - auch die politisch konstruierten ethnischen Trennungslinien aufeinander.

Mir ist bewusst, dass ein europäischer Filmemacher auch nach sorgfältigster Recherche immer einen Außenblick haben wird auf diese Orte, und es steht ausser Frage, dass es mehr Institutionen für afrikanische Filmemacher braucht, die ihre Lebensrealitäten dokumentieren und künstlerisch formen wollen. Kinematographisch und dramaturgisch wählt der Film daher den distanzierten Blick einer Reise durch die verschiedenen Wohnformen der Peripherie. Die Tonspur dagegen beruht auf zahlreichen separat aufgezeichneten Zufalls- und Alltags-Gesprächen zwischen Äthiopiern im Feld, auf der Straße, zwischen Bauern und Siedlern, zwischen Tagelöhnern und Urbanisten, zwischen Oromo und Amhara. Der Film wandelt so entlang am psycho- und soziogeologischen Grabenbruch (Rift) zwischen reich und arm, zwischen rural und urban, zwischen Bild und Ton. Gleich zu Beginn des auch allegorischen Films überspannt jedoch eine kleine Fußgängerbrücke die Schlucht am Rande der Stadt.

DEFA Award @ DOK Leipzig 2020

Regie & Buch Daniel Kötter
Kamera Daniel Kötter
Schnitt Daniel Kötter
Ton Marcin Lenarczyk
Musik Getatchew Merkuria
Produzentin Meike Martens
Produktion Blinker Filmproduktion
Verleih Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V
Produzent in Addis Ababa MilkesaTakele

Mit AZIZA ABDULFETAH, HENOK ADEFRIES, DINKU ATOMSA, BELETE BAYU, YASMIN BUCHRA, TAMIRU BULCHA, TESHOME FIKADU, EPHREM GEBREMARIAM, MAHEDER GEBREMEDHIN, ASTER GELETA, DAGNE GETACHEW, SOLOMON GURMESSA, FIKRESELASSIE KASSA, BISRAT KIFLE, KIRUBEL NIGUSSIE, BIRHANU SHIFERRAW, KOKEB SOLOMON, BELETU SORESSA, HAILE TADESSE, MILKESA TAKELE, ANIS TEFERRI, BILISAF TEFERRI, NEGIST TESFAYE, LYDIA TEWODROS, TSEDEKE WOLDU, KALKIDAN YIBElTAL

 

  • Daniel Kötter (c) Nafiseh Fathollahzadeh
    Daniel Kötter (*1975 in Bergisch Gladbach) studierte Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Philosophie an der Humboldt Universität Berlin. Er ist Filmemacher und Musiktheater-Regisseur, seine Arbeiten changieren zwischen verschiedenen medialen...