Agnes Lisa Wegner

König Bansah und seine Tochter

2020 | Film
König_Bansah_Plakat
Zum Werk

SYNOPSIS

In Ludwigshafen am Rhein lebt ein Mann, der eine kleine KFZ-Werkstatt betreibt und gleichzeitig König für rund 200.000 Menschen in Ghana ist. König Céphas Bansah, der seit 1970 in Deutschland lebt, regiert sein Volk von Ludwigshafen aus und reist regelmäßig nach Westafrika, um nach dem Rechten zu sehen. Seine Tochter Katharina (39) ist in Ludwigshafen geboren und aufgewachsen. Sie ist selbständige Grafikdesignerin, feministischer Freigeist, Künstlerin, Hippie und eben: Königstochter. Vater und Tochter spüren eine wachsende Ablehnung von Seiten der weißen Mehrheitsgesellschaft in Deutschland. Ihre Reaktionen darauf könnten nicht gegensätzlicher sein: Er, der königliche Exot, setzt auf Assimilation und finanziert auf diese Weise wichtige Hilfsprojekte in Ghana – sie will aufhören, sich als Deutsche zu beweisen: „Ich hab alles versucht, aber es reicht nicht. Und wenn es nicht reicht, dann will ich auch gar nicht, dass es reicht. Dann muss ich andere Lösungen finden für mein Leben.“ Vater und Tochter begeben sich auf eine Reise. Nach langer Zeit begleitet Katharina ihren Vater in sein Königreich nach Ghana. Sie will in Kontakt mit diesem Teil ihrer Identität treten, Kraft tanken und für sich klären, ob sie eines Tages die Thronfolge antreten will. Auf dieser eindrücklichen Reise sieht Katharina ihren Vater mit anderen Augen und erkennt, welche Rolle ihre ghanaische Seite für sie spielt – und welche nicht.

INHALTLICHER KONTEXT

Deutschland 2020. Nach dem Tod von George Floyd in den USA ist eine neue Debatte über Rassismus entflammt – auch bei uns. Die weiße Mehrheitsgesellschaft muss sich diesem uralten, ungelösten Problem stellen. Menschen nicht-weißer Hautfarbe erzählen, wie sie in Deutschland Rassismus im Alltag erleben. In unserem Film sagt Katharina: „Auf einmal tut sich ein Abgrund auf. Dieses nationalistische ‚Nur Wir’... Und wenn es darum geht, ‚Nur Wir’, dann gehöre ich nicht dazu. Ich bin halb deutsch, aber ich gehöre nicht dazu.“ Ihr Vater hat eine ganz eigene Überlebensstrategie: „Du bist Ausländer. Du bist Nichts. Du bist Null. Du kannst den Deutschen nichts vormachen. Du kannst nur von ihnen lernen. Du musst sein wie ein Chamäleon. Wenn sie Blau wollen, dann gebe ich ihnen Blau.“ In Ghana angekommen, lässt der König seine Maske fallen. Offen spricht er über die Verbrechen der Kolonialzeit. In sicherer Distanz zu Deutschland setzen sich die beiden hier mit den kolonialistischen und neokolonialistischen Abhängigkeiten des afrikanischen Kontinents vom weißen Norden auseinander. „Wir müssen zurück zu unseren Wurzeln“, schlägt der Vater seiner Tochter vor und bringt sie an einen Ort, an dem seit Jahrhunderten der authentische Voodoo zelebriert wird. Katharina, die den Schmerz der Ablehnung in sich trägt, taucht ein. KÖNIG BANSAH UND SEINE TOCHTER ist ein Film über Erwartungen, Rollenbilder und Emanzipation. Es ist ein Film, der von Überraschungen lebt. In einer Zeit, die von Polarisierung und Vorurteilen geprägt ist, lädt er ein, sich jenseits festgefahrener Typisierung auf zwei außerordentliche Protagonisten einzulassen, die sich jeglichem Schubladendenken entziehen. KÖNIG BANSAH UND SEINE TOCHTER ist ein Film über eine ganz besondere Vater-Tochter-Beziehung. Und es ist ein Film über eine Suche: die Suche nach den Wurzeln, nach Zugehörigkeit und nach der emotionalen Heimat von allen Menschen und von Menschen mit migrantischem Hintergrund im Besonderen.

Produktion kurhaus production
Produzenten Christoph Holthof, Daniel Reich
Buch & Regie Agnes Lisa Wegner
Kamera Marcus Winterbauer
Ton & Tonmischung Oliver Stahn
Montage Ulrike Tortora
Musik Ziggy Has Ardeur
Redaktion Christian Cloos (ZDF – Das kleine Fernsehspiel)
Senderbeteiligung ZDF – Das kleine Fernsehspiel
Filmförderung MFG Filmförderung Baden-Württemberg
Länge 86 Minuten 
Fertigstellung Oktober 2020
Sprache Deutsch
Untertitel Englisch

Zur Recherche

DIRECTOR’S NOTE

Seit zehn Jahren lebe und arbeite ich in Mannheim. Hier kennt man König Bansah, der auf der anderen Seite des Rheins lebt und zumindest regional eine Berühmtheit ist. Und wenn man in der hiesigen Kreativszene arbeitet, kennt man auch seine Tochter. Vor einigen Jahren habe ich Katharina persönlich kennengelernt, als wir uns eine Zeitlang ein Gemeinschaftsbüro geteilt haben. In dieser Zeit sprachen wir viel über Themen, die uns umtreiben. Es ging um Diskriminierung, Migration und Flucht, Vorurteile, Menschenrechte, Feminismus – Themen, zu denen ich gearbeitet habe, die sie zum Teil selbst erlebt hat oder auch wir beide. Später hat sie mich mit zu ihren Eltern genommen. Und so entstand in mir langsam die Idee zu diesem Film. Meine Motivation, diesen Film zu machen, zieht sich auch durch meine bisherige Filmarbeit: Ich möchte dazu beitragen, dass Vorurteile abgebaut werden, dass wir genauer hinschauen und dass sich Menschen durch meine Filme jenseits von Vorbehalten begegnen können. In KÖNIG BANSAH UND SEINE TOCHTER ist dieser Ansatz nicht nur die treibende Kraft, sondern das tragende Thema. Hier geht es explizit um Rollen, Klischees, Vorurteile und das Spiel mit eben diesen bzw. um ihren Bruch. Tatsächlich hat dann die Reise in das Leben von Céphas und Katharina Bansah neben aller Ernsthaftigkeit der Themen, die wir berührt haben, unheimlich viel Freude gemacht. Und so wird auch der Film immer wieder von Leichtigkeit durchzogen – wie das Leben selbst.

  • Agnes Lisa Wegner (c) Hendrik Ertel
    Agnes Lisa Wegner (geboren 1976 in Worms) studierte Amerikanistik in Frankfurt am Main sowie Nordamerikastudien, Filmwissenschaft und Germanistik an der FU Berlin. Sie war zunächst bei den Vereinen Pro Asyl und Forum Menschenrechte tätig, später bei...