Schüsse im Schwarzen Garten. Der gefrorene Krieg um Berg-Karabach
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Auch wenn die Welt diesen Konflikt längst vergessen hat: Zwei Jahrzehnte nachdem Armenier und Aserbaidschaner blutig um Berg-Karabach kämpften, herrscht in der Kaukasus-Region immer noch kein echter Frieden.
So belauern sich an Europas südöstlichem Rand zehntausende Soldaten entlang einer waffenstarrenden Grenze. Es geht um einen selbsterklärten Staat, kaum halb so groß wie Thüringen – den kein Land der Welt anerkennt. Doch der Streit um Berg-Karabach ist mehr als nur einer der vielen Folgekonflikte nach dem Zerfall der Sowjetunion. Er spielt vor der großen Leinwand der Historie: Den Kulturkämpfen zwischen Christen und Muslimen und dem Genozid an den Armeniern vor 100 Jahren. Und die Anzeichen mehren sich, dass aus dem gefrorenen Konflikt wieder ein heißer Krieg werden könnte.
WDR
Länge: 55:00
Redaktion: Thomas Nachtigall
Erstausstrahlung: 05.04.2015, 11:05 Uhr, WDR
06.04.2015, 20:05 Uhr, WDR5
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Im Winter 2013 und im Frühjahr 2014 reiste Sven Töniges nach Aserbaidschan, Armenien und in die selbsterklärte Republik Berg-Karabach. Von beiden Seiten näherte er sich der wohl undurchdringlichsten Grenze Europas. Hier belauern sich seit mehr als zwei Jahrzehnten abertausende armenische und aserbaidschanische Soldaten – tief eingegraben in einem hunderte Kilometer langen System von Schützengräben. „Eine bedrückende Realität – einmal mehr 2014, im Jahr des Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren“. Der Autor erlebte eine beeindruckende, fast zärtliche Gastlichkeit auf beiden Seiten der Konfliktregion. Zugleich aber überstiegen Ausmaß und Allgegenwart eines tiefen ethno-nationalistischen Hasses die Erwartungen, oder besser: Befürchtungen. „Es gibt diese Tendenz zur Dehumanisierung, ja 'Vertierung' des Gegners, des Feindes – besonders in der jungen Generation, die nie einen Aserbaidschaner und Armenier persönlich zu Gesicht bekommen hat“. Ein Grund, weshalb der ohnehin brüchige Frieden im Südkaukasus erneut in Krieg umschlagen könnte. „Die internationale Staatengemeinschaft sollte sich nicht darauf verlassen, dass der Waffenstillstand schon irgendwie auch noch weitere 20 Jahre halten wird.“ Und im Zeichen der Ukraine-Krise werden in der Region nun die Karten neu gemischt.
- Sven Töniges, geboren 1976, studierte Angloamerikanische Geschichte und Literaturwissenschaften in Köln und Barcelona. Er ist seit 15 Jahren als freier Journalist und Autor hauptsächlich für den WDR und den Deutschlandfunk tätig – Reportagen und...