Marica Bodrožić

Mein weißer Frieden

2014 | Buch
Buchcover Mein weisser Frieden
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Eines Nachts führt Marica Bodrožićs Vater sie in ihrem dalmatinischen Dorf hinaus ins Freie. Sie ist noch ein Kind, und er zeigt ihr am Himmel die Sterne des Südens, erklärt ihr, wie jeder einzelne Stern heißt und dass das Licht der weitentfernten Galaxien alles auf der Erde beschützt: die Tiere, die Bäume und Pflanzen, auch jeden einzelnen Menschen, samt seinen Träumen. Ein ergreifendes Momentum schreibt sich tief in das Kind ein. Seither ist Marica Bodrožić’ Blick auf den Himmel gerichtet, immer auf der Suche nach den Sternen, Erzählungen und Beglückungen des Südens. Diese wesenhafte Liebe bleibt ihr auch im dörflichen Hessen erhalten, als sie das alte Jugoslawien für immer verlässt und in die Nähe von Frankfurt zieht. Selbst als in den 1990er Jahren der Krieg in ihrem Herkunftsland ausbricht, bleibt sie dieser Liebe ungebrochen treu. Seitdem ist sie häufig in ihre brutal zerrissene Herkunftsgegend zurückgereist, und in diesem Buch erzählt sie von ihren gleichermaßen ethnologischen wie empathischen Begegnungen mit Land und Leuten vor dem Ausbruch des Krieges und danach. Sie beschreibt eindringlich die mediterrane Welt, aber auch die Verwüstungen, die der Bürgerkrieg hinterlassen hat: konkret, anschaulich und zutiefst poetisch zugleich. Dabei geht es ihr immer auch um die Beschwörung der humanistischen Werte und um die Hinwendung zum freien Menschen, der nur dann wirklich frei sein kann, wenn er lernt, auch das Dunkle in seiner eigenen Geschichte zu sehen. Marica Bodrožićs Buch ist ein couragierter Beitrag zum Erlernen dieses inneren Sehens. Diese große Reisebetrachtung über Krieg und Frieden und die ethische Verantwortung des Einzelnen stellt grundlegende Fragen und legt zugleich Zeugnis ab von der geistigen Kraft der Sprache und vom Handwerk des inneren Sehens.

336 Seiten, gebunden
Luchterhand Literaturverlag, München 2014
ISBN: 978-3-630-87394-7

www.marica-bodrozic.de

www.luchterhand.de

julia-lang@luchterhand.de

Zur Recherche

Marica Bodrožić hat mit zehn Jahren ihre dalmatinische Heimat verlassen. Seitdem ist sie über drei Jahrzehnte hinweg immer wieder in ihren ersten Süden zurückgekehrt – dieses Mal recherchierte sie mehrmals zwischen 2006 und 2013 in Bosnien und Kroatien auf den Spuren des jugoslawischen Bürgerkrieges und auf der Suche nach Schönheit, Frieden und Versöhnung. Sie hat mit Frauen und Kindern gesprochen, die die 1425 Tage währende Belagerung in Sarajevo überlebt haben, aber auch mit kroatischen und serbischen Kriegsteilnehmern, mit Müttern, Tätern und Opfern aller Seiten genauso wie mit vermeintlichen Siegern, und hält trotz allen Schreckens an der Utopie der Freiheit fest und daran, dass das alte Jugoslawien vielleicht sogar einmal ein Modell für das Zusammenleben der Völker in Europa sein könnte.

  • Autorenfoto Marica Bodrožić © Peter von Felbert
    Marica Bodrožić wurde 1973 in Svib/Dalmatien, dem heutigen Kroatien geboren. Sie lebt seit 1983 in Deutschland und schreibt Gedichte, Romane, Erzählungen und Essays. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise und Stipendien, darunter den...