Chinakinder - Moderne Rebellen in einer alten Welt
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Duorou lässt ihre Vorlesungen sausen und fährt per Anhalter durch Tibet. Fabrikarbeiter Qiaofeng sucht Trost in seinen Gedichten. Xiaoying will sich ohne die Hilfe ihrer reichen Eltern beweisen. Han ist Punk – und Unternehmer.
„Chinakinder“ beschreibt in 30 anschaulichen Portraits eine Jugendgeneration, in der sich viele nicht mehr in die von Staat und Gesellschaft vorgegebenen Bahnen pressen lassen wollen. Öko-Kommunengründer, Start-up-Unternehmer, Plastikblumenkinder, ein Profi-Computerspieler und viele andere erzählen aus ihrem Leben. Dabei wird klar: Chinas Jugend ist viel bunter, moderner und reflektierter, als es uns aus der Distanz oft erscheint. „Chinakinder“ gibt einen tiefen Einblick in das heutige China – und beschreibt eine Generation, die das Land in Zukunft prägen wird.
Dabei erfährt der Leser nicht nur viel über die junge Generation, sondern nebenbei auch, wie das alltägliche Leben im heutigen China aussieht.
Conbook Verlag, 2017
432 Seiten mit Karte, Farbteil und Glossar
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Die Idee für das Buch hatten wir vor einigen Jahren. Auf einmal trafen wir in China an vielen Ecken junge Menschen mit innovativen und alternativen Ideen, nicht nur Auf- sondern auch Aussteiger, von denen aber in Deutschland nur sehr wenig zu lesen oder zu hören war. Immer wieder wurde dabei deutlich, wie sehr sich Chinas junge Generation von ihren Eltern unterscheidet und wie groß oft die Konflikte zwischen den Generationen sind, auch wenn sie nicht immer offen ausgefochten werden. Unser Ziel war es deshalb, junge Chinesen aus allen Lebensbereichen und sozialen Schichten zu interviewen und ihre Geschichten aufzuschreiben.
Dafür sind wir im Frühjahr 2016 für drei Monate durch das Land gereist. Von der Hauptstadt Peking über die reichen Küstenprovinzen ins ärmere Kernland, in den liberaleren Westen und den Süden. Auch Hongkong und Taiwan, in denen gerade junge Protestbewegungen für Schlagzeilen gesorgt hatten, haben wir besucht. Insgesamt führten wir mehr als 50 Interviews, von denen 30 Eingang in das Buch gefunden haben. Dafür haben wir die meisten Interviews zu Monologen aus Sicht der Protagonisten zusammengefasst. Vorangestellt sind jeweils kurze Einführungen, in denen wir erzählen, wie wir die Protagonisten getroffen haben und in welchem größeren Zusammenhang ihre Geschichte steht.
Manche Interviewpartner haben wir gezielt aufgesucht, weil wir von Ihnen in der Zeitung oder im Internet gelesen oder sie im Fernsehen gesehen hatten, wie etwa den Kandidaten der Schriftzeichen-Show. Andere sind uns zufällig begegnet, wie die Bauarbeiter, die eines Tages an einem Korb vor unseren Fenster im 18. Stockwerk baumelten. Fest stand jedenfalls, dass Wanderarbeiter genauso dabei sein sollten wie die Kinder aus reichen Familien, Parteimitglieder genauso wie die Gründer eines Ökohofs.
Oft war es kein Problem, mit den Protagonisten direkt ins Gespräch zu kommen. Viele waren sehr offen. Problematisch war es meist, wenn wir versuchten über Organisationen oder Universitäten an einen Kontakt zu kommen. Entweder wurden wir immer wieder vertröstet oder uns wurde hinter vorgehaltener Hand klargemacht, dass man sich nicht dem Risiko aussetzen wolle, mit den zuständigen Behörden Ärger zu bekommen.
China hatte zu der Zeit gerade die Gesetze für aus- und inländische Nicht-Regierungsorganisationen verschärft und auch die Kontrollen an den Universitäten angezogen.
Wir konnten uns trotzdem frei bewegen, allerdings mussten wir auch immer daran denken, dass das Smartphone in unserer Tasche mit all seinen chinesischen Apps natürlich auch leicht zu überwachen ist.
Unsere Gesprächspartner waren allerdings fast immer sehr offen und reflektiert, egal ob sie Studenten oder Schulabbrecher waren. Die meisten hatten bereits viel über ihr Leben nachgedacht und konnten sehr lebendig erzählen – was uns letztlich überhaupt erst ermöglichte, dieses Buch zusammenzustellen.
- Jörg Endriss ist Nachrichtenredakteur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und hat China, Hongkong und Taiwan seit 1994 immer wieder bereist, dort gelebt und gearbeitet. Zusammen mit Sonja Maaß hat er unter anderem das Feature „Taiwan – Demokratie im...
- Sonja Maaß hat an der Universität Hamburg Sinologie studiert und an Hochschulen in China und Taiwan gearbeitet. Sie ist in der Dokumentation des „Spiegel“ tätig.